Hinweise über die Züchtung, Erhaltung und
Entwicklung der Buckfast-Biene
Etliche grundsätzliche Hinweise. Seit
geraumer Zeit war mir die Notwendigkeit
bewusst, gewisse Hinweise über die Züchtung, Erhaltung und
weitere Entwicklung der Buckfast-Biene zu geben. Ebenfalls eine
Stellungnahme gegenüber einer Anzahl irriger Annahmen über unser Zuchtbemühen. Ich
wurde im Laufe der Jahre von vielen Seiten zu einer Erklärung dieser Art
aufgefordert. Ich habe aber seit jeher auch in England eine solche
Aufgabe, so gut wie nur möglich, vermieden. Ich muss jedoch gestehen, im
Interesse der Allgemeinheit ist heute eine Ausnahme angebracht. Ich möchte
jedoch vorausschicken, dass die züchterischen Hinweise keine
neuen Erkenntnisse enthalten als diejenigen, die in meinen verschiedenen
Veröffentlichungen von mir erwähnt, aber offensichtlich übersehen
oder missachtet wurden.
Fehlende Erfahrung, Unkenntnis unserer
örtlichen Gegebenheiten sowie mangelndes Verständnis der Mendelschen
Vererbungsgesetze und deren Bedeutung in der Züchtung der Honigbiene spielten
ebenfalls eine Rolle. Nach meiner Überzeugung sind die beabsichtigten
Hinweise unumgänglich, denn es kommen in beiderlei Hinsicht Tatsachen
von grundlegender Bedeutung in Betracht. So äußerte einst ein führender
Schweizer Wissenschaftler, unser Zuchtbemühen bedinge nur ein "wildes
Draufloskreuzen", ohne jegliche Rücksicht und
Zielsetzung. Er meinte zudem, dass wir die Reinzucht in Grund
und Boden verdammen. Ein deutscher Wissenschaftler bezeichnete die
Buckfastbiene als ein "Hydbridgemisch". Beide Wissenschaftler
hatten offensichtlich keine Ahnung von dem tatsächlichen Sachverhalt.
In Wirklichkeit prüfen
wir jahrelang jede einzelne Kreuzung separat und individuell. In dieser Zeit
werden durch intensive Auslese die guten Eigenschaften verstärkt und die
unerwünschten ausgemerzt. Erst dann kommt eine Vereinigung mit dem
reinen Buckfaststamm in Frage. Seit der Jahrhundertwende wurde von uns
eine Unmenge von Rassenkreuzungen erstellt, aber ganz wenige
entsprachen den jeweiligen Anforderungen. Im Fall der
Carnica wurden nicht weniger als 60 verschiedenen Ökotypen sowie reziproke
Paarungen und Kreuzungen erprobt, aber nur jene aus dem mazedonischen
Gebiet wurden nach einer intensiven Auslese in
den Buckfast-Stamm integriert.
Im Falle einer finnischen Kreuzung
wollten wir die extreme Winterfestigkeit dieser Rasse in unsere Biene
integrieren. Wir steckten 12 Jahre intensive Anstrengungen in
die Entwicklung einer geeigneten Neukombination, leider vergebens. Um jede
mögliche weitere Illusionen hinsichtlich unserer Zuchtbemühungen zu
vermeiden, werde ich den Werdegang und Entwicklung einer Neukombination
aufzeigen. Im Jahre 1930 erstellten wir eine Kreuzung zwischen einer
speziellen französischen Zuchtmutter und unseren Buckfast Drohnen. In der
F2 Nachkommenschaft befand sich eine Zuchtmutter
mit einer klassischen Aufspaltung ihrer Nachkommenschaft. Von
dieser Zuchtmutter wurden 1.200 Königinnen nachgezogen, die alle
innerhalb von 48 Stunden im Brutschrank schlüpften.
Von diesen
1.200 Jungweiseln wurden lediglich 200 an Hand einer bestimmten
Farbausprägung ausgelesen. Die restlichen 1.000 Jungweisel wurden
abgedrückt. Die ausgewählten 200 Jungweisel kamen sofort auf die
Belegstation, wo sie mit handverlesenen Drohnen derselben Kreuzung
begattet wurden. Auf diesem Wege erzielten
wir zwei Neukombinationen. Eine lederbraune, die nach weiterer
Erprobung in den Buckfaststamm integriert wurde. Die andere
Neukombination, eine Schwester der vorhergehenden, umfasst alle
wirtschaftlichen wünschenswerten Eigenschaften in höchster Intensität.
Zudem eine Sanftmut und Farbausprägung, die
uns zuvor unbekannt war. Dies trotz der Tatsache, dass
diese Kreuzung mütterlicherseits einer kohlschwarzen, extrem aggressiven
Rasse angehörte. Die tiefgoldene Farbe sowie extreme
Sanftmut offenbarten Möglichkeiten, die wir nie zuvor ahnten.
Leider
erwies sich diese extrem sanfte, tiefgoldene Neukombination zugleich
als außerordentlich milbenanfällig und war dadurch, nach weiteren
Erprobungen, für uns unbrauchbar. Überraschenderweise erwies
sich die lederbraune Kombination dagegen nahezu als immun gegen die
Tracheenmilbe und überragend in jeder anderen Hinsicht und ist eine der Kombinationen,
die einen entscheidenden Einfluss in der Entwicklung der heutigen
Buckfast Bienen ausübte. Überdies zeigte dieses Beispiel
eindeutig, dass wir nur auf dem Weg der Kreuzungszucht
Eigenschaftsverbindungen erstellen können, die sonst ausgeschlossen sind. Diese
Zuchtweise ist die alleinige, welche unseren neuzeitlichen Anforderungen
nachkommen kann.
Besonders in der Bekämpfung der Bienenkrankheiten. An dieser
Stelle muss ich mich noch kurz mit der Reinzucht befassen. Diese bildet
wahrhaft die eigentliche Grundlage sowie Voraussetzung einer erfolgreichen
Kreuzungszucht. Ohne Reinzucht hätte eine Kreuzungszucht keinen Sinn. Sie
allein ermöglicht eine erbfeste Verankerung und Erhaltung der neuen
Eigenschaftskombinationen. Wie schon erwähnt,
so bezeichnete ein Bienenwissenschaftler unsere Biene als ein
"Bastardgemisch", obwohl deren Farbe sowie wirtschaftliche
Eigenschaften der Urkreuzung sich seit 70 Jahren
erbfest bewähren. Eine weitere Annahme in
Wissenschaftlerkreisen, dass wir unseren Stamm zur Erhaltung der Farbe
öfters zur Ligustica zurückkreuzten, stützt sich auf eine krasse Illusion. Wir
erstellten hin und wieder Versuchskreuzungen mit der Ligustica, auch
mit nordamerikanischen Herkünften, aber keine davon wurde je
zum Aufbau und Erhalt der Buckfast Biene verwendet. Wir legten überdies
nie einen besonderen Wert auf Äußerlichkeiten, obwohl auch diese
in Betracht gezogen werden bei der Züchtung. Jedoch nie auf
Kosten der Lebenskraft und Leistung. Abgesehen von der vormaligen altenglischen
Rasse und der einstigen Ligustica befinden sich nur wenige andere
Herkünfte im heutigen Buckfast Stamm, jedoch stets in einer
einwandfreien, homogenen erbfesten Verbindung.
Obwohl im Laufe der
Jahre eine Unmenge Kreuzungen erstellt wurden, eigneten sich nur
wenige zu einer vorteilhaften Integration in unseren Stamm. Es handelte
sich auch in keinem Fall
um "neue" Eigenschaften, sondern stets um eine
Intensivierung der schon vorhandenen. Jene, welche sich diesbezüglich
nicht eigneten, erfüllten dennoch eine wesentliche Rolle in der progressiven
Entwicklung unseres Stammes. Sie lieferten die unentbehrlichen
Anhaltspunkte und Vergleiche, die uns den jeweiligen Stand des
Fortschritts in der Züchtung andeuteten. Zudem warnten sie uns vor möglichen
Gefahren. Fürwahr, ohne positive, einwandfreie Anhaltspunkte und
echte Vergleiche, auf breitmöglichster Basis, werden die Ergebnisse
unvermeidlich dem Zufall überlassen. Reelle Erprobungen sind überdies
so gut wie ausgeschlossen in einem Bienenhaus, bei
Block- und Reihenaufstellung sowie in einer Beute, die in irgendeiner
Weise die maximale Fruchtbarkeit einer Königin vereitelt. So können auch nur
Königinnen bester Abstammung und Güte, in Verbindung der zuvor erwähnten
Grundbedingungen, höchste Leistungen aufweisen.
Diese Hinweise umfassen in
Wirklichkeit den Schlüssel zu jedem realen Erfolg in der Züchtung
sowie maximale Leistungsergebnisse. Dass sich diese Richtlinien sowie unsere
Züchtung bewährten, bestätigt die weltweite Verbreitung der
Buckfast-Biene. Diese vollzog sich in aller Stille, ohne
jegliche Werbung unsererseits. Überdies durch das Ergebnis der Vergleiche, die
die Universität Minnesota gegenüber der fünf verbreitetsten
Zuchtstämme Nordamerikas durchführte. Dies trotz einer Gleichschaltung,
welche die maximale erbbedingte Leistung der Buckfast Biene vereitelte. Eine
erbbedingte Reinzucht formt also die unerlässliche Grundlage all unseres
Zuchtbemühens, auch der Kreuzungszucht. Man darf wohl annehmen, jeder
Bienenwissenschaftler kennt die Mendelschen Vererbungsgesetze. Folglich sind
mir die bereits erwähnten frivolen Bezeichnungen für die Buckfast Biene
unerklärlich. Zudem erlaubt die echte Wissenschaft nicht, dass
Annahmen als "Tatsachen" hingestellt werden. Auf diese Weise wird
weder der Wissenschaft noch dem wahren Interesse der Imkerschaft gedient.
Die
Erhaltung der reinen Buckfast Biene Angesichts der Tatsache, dass sich
unsere Biene einer weltweiten Verbreitung erfreut, sollte deren
Erhaltung, falls je ein Zeitpunkt kommen sollte, zu dem das
Kloster Buckfast den Interessen der Imkerschaft nicht weiter dienen
kann, keine besonderen Schwierigkeiten verursachen. Vorausgesetzt, die
Züchter halten sich an unsere Richtlinien und lassen sich von keinen
dilettantischen oder pedantischen Vorschriften auf Irrwege leiten. Zudem sollte
man sich auf internationaler Ebene gegenseitig helfen. Jedoch ohne
jegliche eigenbrötlerische Bedenken. Die Auslese und Entwicklungsmöglichkeiten
werden sich dann auf eine weltweite Basis erstrecken. Die weitere
Kombinationszucht in dem Luxemburger Programm von 1988 wurde
auch diese Möglichkeit erwogen. Wie die Erfahrung zeigt, so umfasst die
derzeitige Buckfast Biene offensichtlich eine Welt von weiteren
Möglichkeiten, insbesondere auf internationaler Ebene.
Die Kombinationszucht dagegen erfordert auf dem Weg der
Rassenkreuzungen Vorbedingungen, die im normalen Alltag nahezu
unrealisierbar sind. Das angeführte Beispiel der französischen
Kreuzung umfasste nur die unumgängliche Auslese. Die finanziellen,
zeitlichen und individuellen persönlichen Fähigkeiten kamen gar nicht in
Erwägung. Ich muss gestehen, mir waren diese bis vor kurzem nicht
voll bewusst. Anlässlich einer besonderen Veranstaltung an der
Universität Exeter, hob der offizielle Redner, Professor Swanston, die Gründe hervor,
die in unserem Fall den Erfolg ermöglichten. Wenn ich einige nenne, die er
hervorhob, so nur zur Erläuterung der Vorbedingungen für die Kombinationszucht:
"Wenige Wissenschaftler haben über so viele Jahre ein einziges, objektives
Ziel verfolgt". Die Kreuzungszucht erfordert große Zeitspannen.
Es
muss jedoch
hervorgehoben werden, dass sich nur Wenige den Umweltbedingungen
erfreuen, die ein Unternehmen dieser Art verlangt. Das Leben eines
Mönches
eignet sich bestens für ein solches Unternehmen. Von derselben
Zelle konnte
Bruder Adam über einen Zeitraum von 70 Jahren seine
speziellen
Aufgaben verfolgen. Mit beschränktesten Mitteln trieb er eine
wissenschaftliche Forschung in einer Sphäre,
in der sich kein
Labor geeignet
hätte, die erforderlichen praktischen Befunde
unter den jeweiligen, tatsächlichen Umweltbedingungen zu gewinnen.
Die Jahre
der intensiven Forschung nach geeigneten Bienenrassen und Zuchtmaterial
führten
zwangsläufig zu Reisen nach fast allen Teilen Europas, sowie den
angrenzenden
Ländern des Mittelmeeres. Es muss jedoch hier
erwähnt werden, dass
auch ihm, wie bei allen wissenschaftlichen Unternehmungen, keine
Enttäuschungen erspart blieben, die zudem eine
Unmenge Arbeit
bedingten und auf die sich viele der Hoffnungen stützten.
Trotzdem war es
ihm möglich, eine nahezu ideale Biene zu erzeugen,
selbstverständlich nicht im strengen Sinn dieses Wortes,
sondern auf dem
Weg der Züchtung und an Hand der Möglichkeiten, die uns zu
Gebote stehen.
Artikel von Bruder Adam O. S. B., St. Marys
Abbey, Buckfast, Devon, Großbritannien
|